Medienbericht zu Dennis Krause

Bericht erschienen in der Badischen Zeitung vom 17.12.2020.

Er spielte beim großen VfL Gummersbach und SC Magdeburg. Er war Torschützenkönig in Dubai und ist mit Handball-Ikone Stefan Kretzschmar um die Häuser gezogen. Dennis Krause aus Lörrach kann auf eine wechselvolle und ereignisreiche Handballzeit blicken. Seit zwei Jahren spielt er beim Schweizer Erstligisten RTV Basel und wird dort vermutlich seine Karriere beenden.

page1image31912752FOTO: GERD GRÜNDL

Der Abenteurer

Es begann beim ESV Weil und wurde eine ereignisreiche Zeit. Was Dennis Krause aus Lörrach als Handballer erlebt hat, reicht für zwei Karrieren / Von Uwe Rogowski

Andere, man könnte sagen die meisten, fügen sich. Sie nehmen die Gepflogenheiten hin, als wären sie von Natur aus so vorgesehen. Besser schweigen, sich arrangieren, auch wenn der Kamm schwillt.

Handballer Dennis Krause ist anders gestrickt. Er hat bei großen Vereinen gespielt, beim SC Magdeburg, VfL Gummersbach, der HSG Wetzlar. Es gab Zeiten, da ließ ihn kalt, dass die Profiszene ein überschaubarer Zirkel mit einem schnell funktionierenden Informationsfluss ist. Er wehrte sich, wenn in der gemeinsamen Partnerschaft dunkle Wolken aufzogen, weil es nach Verletzungen nicht mehr so gut lief und die Vereine Druck machten. Mehrfach ging er das Wagnis ein, sich gerichtlich gegen Arbeitgeber und deren Vertragsauslegung zu wehren, und vielleicht ist das auch ein Grund, warum der Lörracher zwar eine schöne Karriere gemacht hat, aber doch der Eindruck da ist, es hätte noch mehr kommen können für den U-21-Europa- und Vizeweltmeister (2006/2007).

Stefan Kretzschmar war Krauses Berater

Das ist aber nur die Sicht von außen. Dennis Krause ist zufrieden damit, wie es sich entwickelt hat. Es gibt nichts zu bereuen. Gelassen und ohne Gram plaudert er über das Hier und Jetzt und reflektiert die Vergangenheit, die interessante Wendungen für ihn bereithielt und für zwei Karrieren gereicht hätte. Im Spätherbst seiner Laufbahn kann der 2,03-Meter- Turm auf eine ereignisreiche Handballzeit blicken, Krause ist seit bald 15 Jahren Profi, das ist schon etwas.

In Gummersbach, wo er auf derselben Position spielte wie die VfL-Legende Erhard Wunderlich, hat er sich regelmäßig mit dem deutschen Weltmeistertrainer Heiner Brand austauschen können. „Er war oft da. Ein echter Experte. Da nimmt man schon etwas mit“, sagt Krause. In Magdeburg, wo er vom polnischen Ex-Nationalcoach Bogdan Wenta trainiert wurde, spielte zu seiner A-Jugendzeit Stefan Kretzschmar bei den Profis, „ein verrückter Typ“, wie Krause sagt. Es gab lange Abende, man zog gemeinsam um die Häuser, später wurde Kretzschmar kurzzeitig Krauses Berater. „Solche Persönlichkeiten gibt es heute eigentlich nicht mehr“, findet Krause. „Er hat immer seine Meinung gesagt, sein Leben gelebt, nach dem Spiel eine geraucht und war trotzdem ein unglaublich guter Sportler, der großartig mit dem Ball umgehen konnte.“

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Der Lörracher hat vieles mitgenommen, in drei Ländern hat er ein Leben als angesehener Profi geführt und noch ist die Geschichte ja nicht zu Ende. Seit zwei Jahren spielt der 33-Jährige beim

RTV Basel in der ersten Schweizer Liga, hier ist er seiner Heimatstadt nah, wo seine Eltern wohnen und er beim FV Tumringen als Dreikäsehoch auch Fußball gespielt hat, obwohl früh klar war, dass vor allem eine Menge handballerisches Talent in ihm steckte. Erst im Juli hat er in Basel wieder verlängert, Krause hat Angebote aus Katar und Rumänien ausgeschlagen, noch immer hat er Appetit auf Handball, auch wenn sich das Ende nicht mehr so fern anfühlt. „Der Körper zeigt mir, dass es vielleicht allmählich Zeit wird“, sagt er.

Beim RTV, nach dem „definitiv“ nichts mehr im aktiven Hand- ball komme, „passt für mich das Gesamtpaket“. Mit seiner Freundin wohnt der gelernte Sozialversicherungsangestellte in der Schweiz, sportlich läuft es für ihn und seinen Club einigermaßen gut, und dem Verein wolle er, der langjährige Bundesligaprofi, „etwas zurückgeben“. Die Basler waren es schließlich, die dem erfahrenen aber auch verletzungsanfälligen Südbadener in einer für ihn schweren Zeit eine neue Möglichkeit gegeben haben.

Krause ist ein Pfeiler im Basler Team, eigentlich für die Königsposition Rückraum links vorgesehen, ist es in dieser Saison „meine Hauptaufgabe, das Spiel zu leiten, Bälle zu verteilen, Spieler einzusetzen und für ein flüssiges Spiel zu sorgen“. Auf der verantwortungsvollen Position im strategischen Zentrum des Spiels erzielt er weniger Tore, doch in seinen ersten zwei Jahren beim RTV gehörte er zu den besten Schützen im Team (51 Spiele/168 Tore). Bis gestern waren die Basler in kollektiver Quarantäne, erst ab Sonntag soll wieder gespielt werden.

Der Blick auf besagte schwere Zeit führt nach Dubai, in die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE). Krause hatte einst beim ESV Weil (1993 bis 2003) mit Handball begonnen, Uwe Knoblauch „hat mich dort gut ausgebildet“, sagt Krause, der über ein Probetraining am Top-Standort Magdeburg landete, eine 1-A-Internatsausbildung genoss, deutscher A-Jugendmeister wurde und sich das Rüstzeug für Bundesliga und Europapokal holte. Krau- se galt immer als dynamisch, mutig und torgefährlich, fast allgegenwärtig auf dem Feld. Nach Verletzungen, auch schlimmeren wie einem Kreuzbandriss, war es allerdings zunehmend schwer, wieder auf die Beine zu kommen. In Gummersbach (2011 bis 2013) wurde es irgendwann kompliziert, Krause hatte einen Muskelteilabriss, es dauerte, bis das diagnostiziert war, „doch man muss funktionieren, ich war Leistungsträger, wir im Abstiegskampf, da muss man einspringen und der Dank bleibt nicht lange“. Man trennte sich nicht im Guten. Auch in Wetzlar (bis 2014) ging es irgendwann nicht mehr weiter, so kam die Offerte aus dem Nahen Osten, vom Al Ain Club, zu einem guten Zeitpunkt. Es war eine Reise ins Ungewisse.

„Vor meiner Ankunft habe ich meinen Berater erstmal gefragt, ob ich eine lange Hose tragen muss“, doch das Leben in den VAE sei „ganz normal. Auf der Straße, am Strand, auf Partys“. Das öffentliche Bild sei international geprägt, Alkohol ist nicht verboten, aber weniger präsent. Die Hitze, bis knapp 50 Grad in den Sommermonaten, treibt die Menschen zuweilen aus der Stadt. „Nachts sind wir manchmal in die Wüste zum Grillen und Tee trin- ken“, sagt Krause.

Alles sei „sehr sauber in den Städten, sehr strukturiert“ und es gebe „einen großen Respekt vor den Regeln. Wenn du dein Handy irgendwo hinlegst, liegt es am nächsten Tag wahrscheinlich immer noch an der gleichen Stelle“, sagt Krause, der nach einem Jahr beim Al Ain Club (2015) als Top-Tor- schütze der Liga zum besten Verein des Landes, Al-Ahli, geholt wurde. Der Staatsclub der Scheichs, bei dem Geld noch weniger eine Rolle spielt.

Hinter Fußball, Cricket oder Football findet Handball in den Emiraten nur rudimentär statt, „zehn bis 20 Zuschauer“ seien in der Halle. „Das Gehalt ist trotzdem viel höher als in Europa“, sagt Krause, wobei etwas Schmerzensgeld enthalten ist. Von den einheimischen Spielern werde der Profi, einer ist erlaubt, hart rangenommen, „da musst du schon einstecken können“. Regionalliga-Niveau sei es wohl bei den großen Dubaier Clubs, aber auch mal Bezirksklasse.

Handball in Dubai wie Urlaub mit Arbeit

Der Druck sei groß, „die Emirati sind nie schuld, immer der Trainer und der ausländische Spieler. Auf der anderen Seite hast du ein schönes Leben. Ich wohnte nah am Strand, es war Urlaub mit Arbeit, eine tolle Erfahrung“. Am Ende wurde es aber auch hier unangenehm. Nach einer Verletzung wollte der Club nichts mehr von vertraglichen Pflichten wissen, behielt die Lizenz ein, sodass er nicht wechseln konnte. Krause klagte, „und man kann sich vorstellen, was es als Europäer bedeutet, in so einem Land vor Gericht zu ziehen“, sagt Krause und ergänzt nicht ohne Stolz: „Ich habe alle drei Verhandlungen gewonnen.“

Wie lange es für ihn in Basel noch weitergeht, ist offen. Krause ist immer noch gut in Form – auch bei der Antwort auf die Frage, ob er die Story in einem Schweizer Boulevard-Blatt gelesen habe. In Magde- burg sei er ein wahrer Lebemann gewesen, hieß es, ein Womanizer, der nichts ausgelassen habe. Klar, habe er gelesen. „Meine Freundin ist durchgedreht. Stefan Kretzschmar hat mir eben nicht nur positive Dinge mitgegeben“, sagt Krause. Und lacht.

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